Im ärztlichen Alltag: An seltene Krankheiten denken St. Josefs Krankenhaus Balserische Stiftung

Am 28.02.2022 ist "Tag der seltenen Erkankungen"

Im ärztlichen Alltag: An seltene Krankheiten denken

Leitung Diabetologie, Endokrinologie und Stoffwechsel

Gießen, 28.02.2022. Anlässlich des „Tages der seltenen Erkrankungen“ am 28.02.2022 hat PD Dr. med. Klaus Ehlenz, Ärztlicher Direktor und Chefarzt der Diabetologie, Endokrinologie und Stoffwechsel des St. Josefs Krankenhaus Balserische Stiftung folgenden Beitrag verfasst:

„Wir Ärzte sehen und untersuchen täglich eine Vielzahl von Patientinnen und Patienten mit den unterschiedlichsten Beschwerden und Symptomen. Es wird von uns erwartet, dass wir schnell eine Diagnose stellen und eine adäquate Behandlung einleiten. Wir lernen in unserem Studium eine Vielzahl von Krankheitsbildern kennen, die sich nach „unseren Lehrbüchern“ mit typischen Symptomen bzw. Symptomkomplexen (Syndrome) manifestieren. Doch in der Realität hat jeder Patient ein individuelles Reaktionsmuster. So kann eine atypische Symptomatik vorliegen, die uns Ärztinnen und Ärzte in die Irre führen kann.

Über die Jahre unserer ärztlichen Tätigkeit gewinnen wir zunehmende Erfahrung mit dem gesamten Spektrum der Manifestationsmöglichkeiten. So kann z.B. ein Patient, der sich in der Psychiatrie vorstellt, eine Schilddrüsenerkrankung haben oder eine andere körperliche Ursache psychischer Probleme.

"Besondere Patienten" werden im „Zentrum für unbekannte und seltene Erkrankungen“ (ZUSE) behandelt

Neben den häufigen Erkrankungen, insbesondere den Volkskrankheiten wie Diabetes mellitus, koronare Herzerkrankung oder Krebsleiden stellen sich nicht selten Patienten mit Symptomen vor, die wir erst einmal nicht einordnen können. Wir suchen erfolglos nach einer Diagnose. In diesen Fällen kann es sich um eine seltene oder sogar um eine bis jetzt nicht bekannte Erkrankung handeln. Diesen „besonderen Patienten“ widmen sich Kollegen im „Zentrum für unbekannte und seltene Erkrankungen“ (ZUSE), wie das ZUSE des Uniklinikums Marburg, das von Prof. Dr. med. Jürgen Schäfer geleitet wird, den wir alle als den deutschen „Dr. House“ kennen.

Bisher unbekannte Erkrankungen können durch neue Untersuchungsmethoden, z.B. molekulargenetische Verfahren, erst entdeckt und verstanden werden. Darüber hinaus gibt es seltene Erkrankungen, die Ärzte vielleicht nur einmal in ihrem Leben sehen. Die Diagnose ist in diesem Fall schwer. Heute hilft uns in diesen Situationen die künstliche Intelligenz (KI) weiter, die uns Vorschläge für Erkrankungen macht, die zu den Symptomen des Patienten passen. Ärzte sind nicht selten irritiert, wenn Patienten „Dr. Google“ fragen und mit Internetrecherchen in die Sprechzeiten kommen. Das kann uns jedoch allen weiterhelfen.

Im Netzwerk Glandula treffen sich Patienten mit seltenen Hormonerkrankungen zum Austausch mit Experten

Zu den seltenen Erkrankungen zählen auch Erkrankungen des Hormonsystems, mit denen wir uns in der Endokrinologie (Lehre der Erkrankungen des endokrinen Systems und der Hormondrüsen) befassen. Die Abteilung für Diabetologie, Endokrinologie und Stoffwechsel am St. Josefs Krankenhaus Balserische Stiftung behandelt u.a. Patienten mit seltenen Hormonerkrankungen wie dem Morbus Addison (Nebenniereninsuffizienz, die zu einem lebensbedrohlichen Cortisolmangel führt). So haben wir 2008 eine Selbsthilfegruppe in Gießen gegründet, die zum Netzwerk der Glandula gehört (Glandula: Netzwerk für Hypophysen- und Nebennierenerkrankungen). Hier treffen sich Patientinnen und Patienten mit seltenen Hormonerkrankungen, vor allem mit einem Morbus Addison oder Hypophysenerkrankungen vier Mal im Jahr im St. Josefs Krankenhaus Balserische Stiftung, um ihre Erfahrungen auszutauschen und sich gegenseitig zu unterstützen. Wir als Ärzte der Abteilung Diabetologie, Endokrinologie und Stoffwechsel beteiligen uns an diesen Treffen der Selbsthilfegruppe, um unser Wissen und unsere Erfahrungen an die Betroffenen weiterzugeben. Auch Prof. Dr. med. Eberhard Uhl, Direktor der Klinik für Neurochirurgie am Universitätsklinikum Gießen, steht an den Netzwerktreffen zum Austausch bereit. Aufgrund von Corona fanden diese im letzten Jahr digital statt und waren ein voller Erfolg. So beteiligen sich Betroffene von Siegen bis Marburg und Frankfurt an den Treffen.
Weitere Informationen gibt es hier. 
Zu der Regionalgruppe Gießen gelangen Sie hier.

Den Tag der seltenen Erkrankungen am 28.02.2022 möchte ich nutzen, um zu erinnern: Ziel unseres ärztlichen Handelns sollte es immer sein, alle Patienten, die zu uns kommen, auch wenn die Symptome nicht typisch sind, ernst zu nehmen und an eine seltene oder sogar bis jetzt unbekannte Erkrankung zu denken und wenn notwendig Spezialisten hinzuzuziehen. Manchmal können wir so Kranken weiterhelfen und sie einer entsprechenden Therapie zuführen.“

 

Die Fachabteilung „Diabetologie, Endokrinologie und Stoffwechsel“ ist durch die Deutsche Diabetesgesellschaft (DDG) als Behandlungseinrichtung für Patienten mit Typ 1 und Typ 2 Diabetes zertifiziert. Das Leistungsangebot der Fachabteilung umfasst auch die Endokrinologie (Erkrankungen des Hormonsystems). 

 

Foto: Die leitenden Ärzte der Diabetologie, Endokrinologie und Stoffwechsel:
Oberärztin Dr. med. Tina Hoffmann, Oberarzt Dr. med. Christian Stapf, und Chefarzt und Ärztlicher Direktor, PD Dr. med. Klaus Ehlenz. © Jokba

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